Wermutstropfen trübt die Freude

Kreis-Anzeiger, 06.10.2017

LITERATUR Klassen der Limesschule mit Karlhans-Frank-Preis ausgezeichnet / Kritik an fehlenden politischen Vertretern bei Verleihung

ALTENSTADT – (asl). Von „Märchenhaft singenden Ballkünstlern“ ist die Rede und vom Wunsch „In der Zukunft zu leben, im Haus der Freundlichkeit“, von einer „Reise in die Welt der Rechner“ oder „vom König von Amerika, der das Leben beeinflusst“ – von „verlorener Hoffnung“; und doch folgt die optimistische Aussage, dass „das Gute siegen wird“. Das alles entsteht, wenn Schüler im Collageverfahren surrealistische Gedichte verfassen.

Dazu schnitten sie Zeitungsartikel aus, stellten Wortsammlungen her, „die sie in einer Mischung aus Zufall und Kontrolle zu Gedichten von hoher poetischer Kraft zusammensetzen“. So beschreibt Deutschlehrerin Michaela Karch die Arbeit von Schülern ihrer 9Ga der Limesschule in Altenstadt.

Die Klasse wurde dafür mit dem Karlhans-Frank-Gedächtnispreis beim diesjährigen Jugendliteraturwettbewerb der Ovag (der Kreis-Anzeiger berichtete) ausgezeichnet. Der Sonderpreis für die Gedichte und Raptexte ist mit 400 Euro dotiert und wird unter den teilnehmenden Schülern aufgeteilt, wie Karch sagte. Einen weiteren Sonderpreis, mit 200 Euro dotiert, gab es für die Schüler der Vorleistungsklasse Deutsch (E2) der Limesschule von Lehrerin Tanja Schäfer-Auth. Sie hatten Nachrichten rund um Schillers „Die Räuber“ als Zeitungsseite erstellt.

Ein Wermutstropfen trübte die Freude über die Würdigungen allerdings. „Bei der Preisverleihung in Friedberg war trotz Einladung kein politischer Vertreter der Gemeinde Altenstadt anwesend“, kritisieren Schüler und Lehrerinnen. Auch bei den früheren Preisvergaben – die Limesschule erhielt bereits zum vierten Mal einen Sonderpreis – hätten die politischen Vertreter durch Abwesenheit geglänzt, „während aus den anderen Kommunen immer jemand da war“.

Die Gedichte der 9Ga seien teilweise in Teamarbeit erstellt worden, was viel Spaß gemacht habe, berichteten die Schüler der 9Ga. „Anfangs war es auch chaotisch“, gab Chantal Hochbaum zu. „Aber es war auch sehr interessant, wie daraus die Gedichte entstanden“, fügt Chiara Credner an, die zusammen mit Wiebke Willms die „Sehnsucht nach Frieden“ beschrieb. Enrico Hess hat sich von Beginn an auf das Thema Fußball konzentriert. Mit einem Tor von Löw gewinnt bei ihm Deutschland die EM. Die Gedichte haben sie in gedruckter Version eingereicht. „Sonst hätte es ausgesehen wie Erpresserbriefe“, sagt Karch. Als Impulsgeber habe die Gruppe die französischen surrealistischen Dichter der 1920er wie Louis Aragon, André Breton und Philipp Soupault verwendet sowie die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, deren Collageverfahren die Schüler übernommen hätten.

Der „Böhmische Bote“ der Klasse E2 überzeugte de Ovag-Jury ebenfalls wegen ihrer Originalität. Sie nahmen Schillers Drama „Die Räuber“ als Grundlage. Die Protagonisten sind Brüder, der von seinem Vater geliebte, intelligente, freiheitsliebende spätere Räuber Karl Moor, und der kalt berechnende, unter Liebesentzug leidende Franz. Ein Artikel des Zeitungsblattes widmet sich den Intrigen von Franz. Unter „Menschen im Blickpunkt“ wird der Pater, Streitschlichter im Fall Karl Moor, interviewt. Originell auch der Restauranttipp für die „Schenke an den Grenzen von Sachsen“. In einer Stellenanzeige wird ein Räuber (m/20+) gesucht und eine Todesanzeige rundet die Zeitungsseite ab. „Die Arbeit hat uns Spaß gemacht“, stellten Jessica Ferreira, Clemens Friesl und Julius Goretzki fest. „Die Geschichte haben wir damit ein bisschen in die Gegenwart übertragen. Das hilft auch beim Verstehen der Literatur.“ Wie bei der anderen Gruppe entstand das Ergebnis in Teamarbeit, sagt Schäfer-Auth.

Das Preisgeld fließt in die Abi-Kasse. Einige der Schüler können sich durchaus vorstellen, künftig auch eigene Kurzgeschichten beim Literaturwettbewerb einzureichen.