Plötzlich Diplomaten

Kreis-Anzeiger, Altenstadt 12.04.2017

PLANSPIEL Altenstädter Oberstufenschüler tun im Kieler Landtag so, als wären sie UN-Politiker / Erste Schritte auf diplomatischem Parkett

ALTENSTADT – (red). Fünf Tage lang haben 430 Jugendliche bei der „Model United Nations Schleswig-Holstein“ (MUN-SH) im Kieler Landtag Diplomatenrollen eingenommen, diskutiert und neue Bekanntschaften geknüpft. Auch von der Altenstädter Limesschule waren zwölf Oberstufenschüler dabei. „Die Schüler mussten ihre eigenen Positionen verlassen und in die Rolle der Delegierten schlüpfen.

Das ist wie Theaterspielen“, sagt Politiklehrer Jochen Becker, der die Altenstädter zusammen mit seiner Kollegin Michaela Karch begleitete. Die Simulation soll den Schülern helfen, die Abläufe bei den Vereinten Nationen zu verstehen – samt komplizierter Formalitäten und langer Diskussionen. Alles ist so realistisch wie möglich.

Nach dem Verhandlungsmarathon sind die Schüler zwar müde, aber zufrieden. „Wir hatten wirklich viel zu tun“, sagt Daniel Krätschmer. Trotzdem hat ihm die UN-Simulation Spaß gemacht. Auch der Lerneffekt für die Schüler ist aus Sicht des 16-Jährigen groß: „Man lernt zum Beispiel nicht nur das freie Sprechen vor vielen Menschen, sondern es ist auch nötig, Meinungen zu vertreten, die vielleicht komplett gegensätzlich zu der eigenen sind.“

Die Vorbereitung auf die Simulation beginnt schon einige Monate im Voraus damit, dass die Teilnehmer sich über die Position ihrer Delegation informieren und Arbeits- und Positionspapiere einreichen müssen. Trotz des großen Arbeitsaufwandes lohnt sich eine gute Vorbereitung, da so aktiver an den Debatten teilgenommen werden kann. „Ein wenig Überwindung kostet es zunächst schon, vor so vielen Leuten zu sprechen“, gibt Lukas Nitzl zu. Neben der inhaltlichen Vorbereitung waren die formellen Vorgaben neu für die Schüler. Zusätzlich zu einem Dresscode galt es, die geltenden Umgangsformen und Diskussionsregeln der Vereinten Nationen einzuhalten.

Eine Besonderheit des Planspiels ist, dass die Teilnehmer nicht das eigene Land vertreten. Einige der Altenstädter Schüler sprachen in Kiel für so unterschiedliche Staaten wie Polen, Ungarn und den Zwergstaat San Marino. „Folglich muss man sich mit den anderen Ländern intensiv beschäftigen, um ihren Standpunkt zu verstehen und diesen dann vertreten zu können“, sagt Julia Cali. Wieso auch bei Themen, bei denen sich im Grunde genommen alle Staaten einig sind, bisweilen monatelang verhandelt wird, können die Schüler nun besser verstehen. „Es geht schließlich um viele Einzelheiten – und da sind die Interessenlagen manchmal doch recht verschieden“, erklärt Cali. „Deshalb kann es lange dauern, bis ein Kompromiss gefunden ist.“

Abgeschlossen wurde die fünftägige Veranstaltung mit einem Diplomatenball, an dem die Teilnehmer die Konferenz in lockerer Atmosphäre ausklingen lassen konnten.

„Das MUN-Programm war ein einmaliges Erlebnis. Die Vereinten Nationen nachzuspielen und zusammen mit Hunderten Resolutionen zu entwickeln, ist etwas sehr Besonderes“, schwärmt Laura LoMascolo rückblickend. Die Reise nach Kiel habe sich jedenfalls gelohnt, sind sich die Limesschüler einig.