Wo Freiheit ist

Kreis-Anzeiger, 26.01.2018

ZEITZEUGIN Esther Bejarano kommt mit Schülern der Limesschule in Altenstadt ins Gespräch

ALTENSTADT – (suk). „Eine Sternstunde des Unterrichts, wenn man mal eine Stecknadel fallen hört. Was wir uns als Lehrer immer für unseren Unterricht wünschen, Sie haben es erreicht.“ Diese Worte sprach Gaby Küster, Leiterin der Limesschule in Altenstadt, wo Esther Bejarano gestern als Zeitzeugin aus ihrem Buch „Erinnerungen“ vorlas. Und tatsächlich, die Schüler hingen der 93-Jährigen gebannt an den Lippen, als sie von ihrem Transport und der Ankunft im Konzentrationslager Auschwitz berichtete.

Das, was die Jugendlichen nur aus dem Geschichtsunterricht kennen, ist plötzlich lebendig geworden, als Esther Bejarano erzählte, wie sie gemeinsam mit anderen zusammengetrieben wurde, ihr alles weggenommen, der Kopf kahl rasiert und eine Nummer auf den Arm tätowiert wurde. „Es gab keine Namen mehr, nur noch Nummern“, so die Auschwitz-Überlebende. Ihre Nummer war die 41 948. Bejarano sprach von ihrem Glück, in das Mädchenorchester aufgenommen worden zu sein, und von der schrecklichen psychischen Belastung, wenn die Mädchen aufspielen mussten.

Doch sie brachte den Schülern ihre Erinnerungen und ihre politische Haltung nicht nur im gesprochenen Wort nahe, sondern auch mit einer Musik, die sehr ungewöhnlich ist für eine 93-Jährige. Mit der Rap-Band Microphone Mafia sang sie Lieder gegen den Krieg, gegen Rechts und gegen das Vergessen. Auch viele Lieder mit jüdischen Texten trugen die drei Musiker – Esther Bejarano (Gesang), Kutlu Yurtseven (Gesang) und Joram Bejarano (Bass) – vor. Besonders die beiden gegen Ende gesungenen Stücke „Wahres Leben ist da, wo Freiheit ist“ und „Wir leben trotzdem“ zeigten deutlich die Haltung der Band.

Am Ende der Veranstaltung konnten die Schüler mit Esther Bejarano ins Gespräch kommen, was viele auch mit großer Freude und mitunter auch großer Demut nutzten. Immer wieder fielen Sätze wie, „Ich fühle mich so geehrt, Sie kennenlernen zu dürfen“ oder „Ich kann nicht glauben, was Sie erlebt haben“. Eine Schülerin nutzte die Gelegenheit, sich von einer der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz ein Autogramm auf den Parka geben zu lassen.


Spende

Schulleiterin Gaby Küster brachte im Gespräch mit der Sängerin zum Ausdruck, dass man auf die übliche Blumenübergabe verzichtet habe, da die Schüler vorgeschlagen hatten, lieber Spenden für einen guten Zweck zu sammeln, um diese als Scheck an Esther Bejarano zu übergeben. Sie ist Vorsitzende des Auschwitz-Komitees der Bundesrepublik und wird die Spende an die Stiftung weiterleiten.